Der Reim, des Versemachers Krücke,

hat seinen Scharm und seine Tücke.

Ist er nur Form, nichts als ein Tic,

fällt auch der Inhalt meist zurück.

 

Im schlimmsten Fall verfehlt man weit

sein Thema durch Geschwätzigkeit.

Es wird der Geist, eh‘ er erwacht,

durch Wortgeklingel umgebracht.

 

An Dichte wär da nichts gewonnen

(die heiße Luft mal ausgenommen).

Nie sei die Strophe ein Korsett

des Geistes, der gern Freiheit hätt.

 

So manchen Reimen sieht man an

(und das ist problematisch dann):

Sie stammen nicht aus Musenküssen;

zu sehr hat man sich plagen müssen.

 

Woher kommt so ein Zwang  –  woher?

Vermutlich ist er erdenschwer.

Der Drang nach Gleichklang, auch von Worten,

ist wohl im Leibe zu verorten.

 

Doch wenn, sollt er vom Herzen kommen.

Kopf oder Bauch wird wenig frommen.

Auch Zwerchfell könnte nützlich sein,

wodurch Bewegung käm hinein.

 

Bewegung, ja   –  fragt sich: wohin?

Macht Reimen automatisch Sinn?

Ich diene nimmer meiner Minne

wenn Eigensinn verdirbt die Stimme.

 

Zu äußern Freude, Trauer, Wut

und vielem mehr, ist dichten gut.

Wenn klar und schön ganz ohne Reim,

dann braucht der wirklich nicht zu sein.

 

Doch wer im Dunkel Mühe hat,

eh Sinn sich zu erkennen gab;

im Chaos Durchblick sich erträumt,

dass die Gedanken aufgeräumt     –

mag auch die „Krücke Reim“ ergreifen.

wenn ihm gelingt, nicht abzuschweifen!

 

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