Wiens Otto Mauer war Prophet,

längst außer Streit dies heute steht.

Doch außerdem ein Psycholog,

der nie sich in die Tasche log.

 

Wer ist nicht eitel? fragte er.

Nahm diesen Fehler nicht zu schwer.

Das ist nicht Arroganz und Stolz,

wächst nicht genau am gleichen Holz.

 

Der eitle Mensch ist eher klein,

er drängt sich in den Sonnenschein.

Applaus braucht er als Zuwendung.

Er hungert nach Bestätigung.

 

Er ist bedürftig, das ist klar,

und sucht nach Liebe, offenbar.

Wer stolz ist oder arrogant,

der braucht sie nicht, weil redundant.

 

Der Eitle will gestreichelt sein.

Der Stolze bleibt als Herr allein.

Er blickt herab, gut isoliert,

verachtet, was gehätschelt wird.   –

 

Ganz harmlos ist der Eitle nicht.

Denn dieser Mensch, so sehr erpicht,

bei jedermann Liebkind zu sein,

geht faule Kompromisse ein.

Statt dass er tut die Wahrheit kund,

zuviel er redet nach dem Mund.   –

 

Das tut der Stolze freilich nicht.

Er mit Vergnügen widerspricht.

Hält Widerstand für seine Pflicht,

egal, ob der gefordert ist.

 

Dumm wär der Stolz auf Gottes Gaben.

Wenn Leistung wir zu bieten haben,

wär darauf er doch angebracht?

Ja, wenn man sich nicht größer macht,

als die, die nicht erfolgreich sind.

Denn solchen Stolz verweht der Wind.

 

So Tugenden, wie Laster, haben

stets ihre Kehrseit, sozusagen.

 

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