Ein Widerspruch ist subjektiv

nicht seltener als objektiv.

Und deshalb gehen die Chinesen

nach hartem Streiten friedlich essen.

Ist solches wahr? Nur gut erfunden?

Wird der Dissens so überwunden?  –

 

Mich dünkt, dass friedlich essen sei,

schon klüger als Rechthaberei.

Das Reden bringt die Leut zusammen:

Der Wahrheit näher die gelangen,

die auf die anderen gelauscht,

und sich mit ihnen ausgetauscht.

 

Darf man nicht eher glücklich sein,

wenn durch das Streiten leuchtet ein:

Da seh ich einen Widerspruch,

den ich nun aufzulösen such.

So lasst uns, unverbissen-heiter

noch spinnen den Gedanken weiter.

 

Man mache seine Hausaufgaben,

damit man Neues hat zu sagen.

Die andre Meinung, die dich stört,

ist achtens- und bedenkenswert.

Denk drüber nach im Kämmerlein,

wirst dann am End gescheiter sein.

 

Dann komm und bring Erkenntnis ein.

Vielleicht wird Konsens möglich sein,

dass dialektisch glückt der Sprung

empor zu mehr Vereinigung.

Denn jedem Menschen gut bekommt,

wenn weiter wird sein Horizont.

 

Ein Widerspruch, der subjektiv,

kommt zum Ergebnis, objektiv:

Zwei Thesen, heftig, unbewiesen,

sich als ergänzend nun erwiesen.

Auf Riesens Schultern selbst ein Zwerg

sieht weiter über alle Berg‘.

 

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